DES MENSCHEN WERT
Die Vernichtung 'lebensunwerten' Lebens - Rassenhygiene und Euthanasie in der NS-Zeit
Genau vor 70 Jahren, im Oktober 1939 unterzeichnete Adolf Hitler ein Ermächtigungsschreiben, dass unheilbar Kranken „der Gnadentod gewährt werden kann”. Mit diesem Schriftstück wurde die systematische Ermordung von Menschen mit Behinderung oder psychischen Krankheiten eingeleitet. Medizin und Krankenpflege setzten damit die menschenfeindlichen Ideen der "Rassenhygiene" und Eugenik um und sorgten für die "Ausmerzung" der als minderwertig qualifizierten Menschen. Für Menschen mit geistigen Behinderungen, körperlichen Gebrechen oder psychischen Erkrankungen, für Angehörige von Randgruppen, für Unangepasste war kein Platz im nationalsozialistischen Regime - sie wurden als entartet, rassisch minderwertig und lebensunwert gebrandmarkt, eingesperrt und der Vernichtung preisgegeben. Im Rahmen der der "T4-Aktion" wurden Zehntausende in spezielle Tötungszentren abtransportiert und dort mit Giftgas ermordet.
Eine der größten dieser Anstalten befand sich im Schloss Hartheim bei Linz, wo nach dem "Euthanasiestopp" 1941 weiterhin Tötungen stattfanden und ab diesem Zeitpunkt nicht mehr arbeitsfähige und missliebige Häftlinge aus den KZs Dachau und Mauthausen ermordet wurden.
Neben der T4-Aktion wurden in vielen psychiatrischen Anstalten Kinder, Jugendliche und Erwachsene mittels Medikamentenüberdosierungen und Nahrungsentzug getötet. So gilt die Anstalt Wien-Steinhof ("Am Spiegelgrund") als das Zentrum der NS-Medizinverbrechen in der "Ostmark".
Mit der Ermordung von Behinderten begann die erste industrielle Mordaktion des NS-Regimes. Sie war somit auch Wegbereiter für die "Endlösung der Judenfrage", die Vernichtung der Roma und Sinti und die Tötung zahlreicher anderer Opfergruppen.
Ein dreitägiges Seminar in Verbindung mit einer Studienexkursion zum einstigen "Mordschloss" Hartheim soll vor diesem Hintergrund einen differenzierten Einblick in dieses Kapitel unserer Geschichte geben und eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik, vor allem aber auch mit deren aktuellen Bezügen, ermöglichen.
Die Einladung, an dieser von der Gesellschaft für politische Aufklärung und von der BHW-Akademie betreuten Studienexkursion teilzunehmen, richtet sich an Personen jeden Alters, unabhängig von politischer Einstellung, sozialem bzw. beruflichem Hintergrund und Religionszugehörigkeit.
Programm
Freitag, 23. Oktober 2009, 13:00 bis 18:45 Uhr
Wien-Steinhof, Pavillion V, Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe, Otto-Wagner-Spital, Baumgartner Höhe 1, 1140 Wien
* Begrüßung und Informationen zur Studienexkursion
* Vorstellungsrunde, gegenseitiges Kennenlernen, Motivation zur Auseinandersetzung mit dem Thema
* Einführungsvortrag: NS-Euthanasie in Österreich
* Führung durch die Ausstellung „Der Krieg gegen die 'Minderwertigen': Zur Geschichte der NS-Medizin in Wien“
(Dr. Herwig Czech, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes)
* Gespräch mit Friedrich Zwarel, Zeitzeuge und Überlebender der Anstalt Am Spiegelgrund
Samstag, 24. Oktober 2009, Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim; OÖ
* 8:00 Uhr (pünktlich!) Abfahrt Bus Wien - Schloss Hartheim, Treffpunkt Westbahnhof
* Führung durch die Ausstellung „Wert des Lebens“ mit den Themenbereichen:
Geschichte des Messens und Klassifizierens, instrumentelle Vernunft im Industriezeitalter, frühe Institutionalisierung der Behinderten; Eugenik und Rassenhygiene - Sterilisation – Euthanasie; Die Vernichtung „lebensunwerten“ Lebens: Der Mord an Behinderten in der NS-Zeit
(Alfred Merle, Lehrer, Mitarbeiter des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim)
* Besuch der Gedenkstätte für die Opfer der NS-Euthanasie 1940-1944
* Vortrag: Die Rolle von Medizin und Pflege in der NS-Zeit
(Dr. Gerhard Fürstler, Lehrer für Gesundheits- und Krankenpflege, Autor)
* Euthanasie und Sterbehilfe: Arbeiten mit historischen Zitaten und Dokumenten
(Alfred Merle, Lehrer, Mitarbeiter des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim)
* Film/Dokumentation: „Das Mordschloss“
* Übernachtung in der Nähe von Eferding
Sonntag, 25. Oktober 2009, Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, OÖ
* Vortrag: Behinderungsklassifikationen damals und heute
(Henning Glause, Behindertenpädagoge, BHW NÖ-Projekt Barrierefreie Erwachsenenb. NÖ)
* Führung durch die Ausstellung „Wert des Lebens“ mit den Themenbereichen:
Eugenische Forschungsprogramme nach 1945, Humangenetik, Biowissenschaft, Gentechnik, Sterbehilfe, pränatale Diagnostik, Klassifikationen heute, Ausgrenzungen, Menschenrechte, Behinderung heute – wer oder was behindert
(Alfred Merle, Lehrer, Mitarbeiter des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim)
* Film: 5 Wege nach Hartheim (Videoinstallation)
* Vortrag: Zur Geschichte der Heil- und Pflegeanstalt Schloss Hartheim: Von der Behinderten-anstalt zum Gedenkort
(Dr. Irene Leitner, Leiterin des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim)
* Rückkunft in Wien ca. 20:30 Uhr)
Studienexkursion Wien-Steinhof/ Hartheim, OÖ
Kosten: € 200,-; Einzelzimmerzuschlag: € 10,-; Ermäßigung für Studierende € 20,-
Im Preis sind enthalten: Reise-, Aufenthalts-, Verpflegungs- und Eintrittskosten. Die Fahrt erfolgt in einem modernen Bus. Eine Übernachtung Nähe Eferding. Essen in Wien am 23.10. und eine eventuelle Übernachtung vom 23. auf den 24.10.2009 in Wien sind nicht enthalten.
Veranstalterinnen: BHW NÖ - Akademie für Bildung und Regionalkultur, www.bhw-n.eu, Gesellschaft für politische Aufklärung, www.uibk.ac.at/gfpa/
Organisatorische Leitung: Waltraud Riegler (Bildungsmanagerin, BHW NÖ), Dr. Karin Liebhart (Politologin, Gesellschaft für politische Aufklärung), Marlene Scherf (Studentin, Praktikantin); Alfred Merle (Lehrer, Mitarbeiter des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim), DSA Aloisia Swoboda (Dipl.Sozialarbeiterin und Dipl.Krankenschwester)
Mit Dank für die organisatorische Hilfe: DÖW (Mag. Stephan Roth) und Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim (Mag. Peter Eigelsberger und Dr. Irene Leitner)
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Informationen und Anmeldung:
Waltraud Riegler, BHW NÖ - Akademie für Bildung und Regionalkultur, 1030 Wien, Schimmelgasse 13-15, Tel.: 01/533 18 99-10, E-Mail: w.riegler@bhw-n.eu
Karin Liebhart, Gesellschaft für politische Aufklärung, c/o Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, 1010 Wien, Universitätsstraße 7/2, Tel.: 01/4277-47739, E-mail: karin.liebhart@univie.ac.at
Anmeldung bis 10.10.2009 erbeten - begrenzte TeilnehmerInnenzahl!